Alpenüberquerung

von Como nach Zürich
kurz vor dem Anstieg nach San Bernadino (1)


38. Tag: Mailand - Como 70km

Da ich es heute nicht weit nach Como habe, starte ich langsam in den Tag. Jetzt heißt es noch eben den Blogeintrag veröffentlichen und dann ab auf die Straße. Es geht gleich gut los, aus Mailand heraus auf sechsspuriger Straße, aber nur für gut fünf Kilometer. Im Parco delle Groane geht es ab sofort auf Schotterpisten durch den Wald, wunderschön, rechts und links lauter Bäume und außer mir ebenfalls nur Radfahrer und Jogger unterwegs. Nach gut 20 Kilometer verlasse ich diese grüne Idylle und mache mich an den Aufstieg nach Cantu. Eine nette kleine Stadt, die auf den ersten Hügeln vor den tatsächlichen Alpen liegt. Der Campingplatz in Como ist wie ausgestorben als  ich ankomme. Es dauert bis ich überhaupt einchecken kann, aber mit einem Adapter für normale Campingsteckdosen ist mir schon mal sehr geholfen. Da ich bisher nur einmal nachts um eins mit einem Reisebus mich in Como verfahren habe, möchte ich die Stadt, gerne auch mal im Hellen anschauen. Nach Como geht es auf einem Singletrail ziemlich steil den Hang hinab. Ich glaube der ist für morgen auch geplant und das werde ich direkt ändern, denn so ohne beladenes Fahrrad macht das Spaß, mit Gepäck eher weniger. In Como esse ich zu Mittag, unterhalte mich mit einigen interessierten Touris über mein Rad und meine Reise, wandere noch einige Zeit durch die Comer Innenstadt und fahre dann zurück. Ich war noch nie ohne Taschen bergauf unterwegs und es ist ein super Gefühl mal deutlich schneller als sonst zu sein. Zum Abendessen am letzten Tag in Italien gibt es einen Burger und dann einen warmen Schlafsack.

auf dem Weg nach Como (2)


39. Tag: Como - Bellinzona 79km (950 Höhenmeter)

Heute geht es über die Schweizer Grenze und damit auch gleichzeitig raus aus Italien. Nach der morgendlichen Routine, bei der es bereits ein wenig anfängt zu tröpfeln, mache ich mich auf den Weg. Doch vorerst stoppt mich der Berufsverkehr in Como und so komme ich erstmal nur langsam voran, bis ich die Innenstadt von Como verlassen habe. Es geht nach Chiasso so richtig schön den Berg hoch, aber einige italienische Autofahrer lassen sich auf den letzten Metern Italien nicht lumpen halten an und feuern aus dem Auto heraus an oder das beliebteste Mittel, die Hupe, wird zum Anfeuern benutzt. Das hilft und so rolle ich entspannt an den Grenzbeamten vorbei, mache einige Fotos und dann genieße ich die ersten Meter auf Schweizer Boden. Die Straßen sind direkt merklich besser und ich komme sogleich auf einen Radweg, der mich an den Orten und Hauptverkehrsstraßen vorbei leitet. So fahre ich mittlerweile im strömenden Regen in Richtung Luganer See. Kleines Highlight auf dem Weg dorthin ist eine Umleitung, die auf einem Bahnsteig endet und ich muss den Aufzug nutzen, um zurück zum Radweg zu kommen. Ich erwische mich während der Fahrt zum Luganer See immer wieder, dass ich einfach grinsen muss. Ich habe Italien hinter mir gelassen, nach 2080km und bin einfach nur unfassbar stolz. Der Radweg am Luganer See ist entweder Eurovelo-Route 3 oder Seitenstreifen auf der Bundesstraße. In Lugano kurze Mittagspause und dann weiter in Richtung Bellinzona. Ab sofort geht es mehr oder weniger stetig bergauf. Landschaftlich ein Traum, steile Hänge, kleine Orte, alte Steinhäuser, kaum jemand unterwegs, Postautos auf ihrer Fahrt und hier und da Wasserfälle die die Felsen herabstürzen. Oben angekommen geht es im dichten Nebel nach Bellinzona, jetzt wieder im heftigen Regen, so richtig warm ist es hier auch nicht mehr und so bin ich froh als ich endlich in Bellinzona ankomme. Jetzt die übliche Routine, dann einkaufen, Schweizer Franken erwerben, Abendessen und früh schlafen gehen.


Luganer See (3)


40. Tag: Bellinzona - Splügen 55km (1680 Höhenmeter)

Heute geht es über den Alpenhauptkamm. Um kurz nach halb fünf hält mich nichts mehr im Schlafsack und so starte ich in den Tag. Als aller erstes ein paar Bilder von der aufgehenden Sonne, dann nach üblichen Programm geht es los. Aus Bellinzona raus und erst einmal knackig den Berg hoch, so als kleine Einstimmung, auf das was später noch kommen wird. Aber bevor der tatsächliche Anstieg kommt, geht es im Tal langsam bergauf in Richtung San Bernadino. Das Tal ist ein Traum. Ich fahre noch im Schatten der rechtsseitigen Bergkette durch Blumenwiesen, viele Schaf- und Ziegenweiden, hinter mir das offene Tal, vor mir die schneebedeckten Berge und bis auf die fernen Geräusche der Autobahn, Stille. Vor bei an einigen Burgen und dann geht es ab Mesecco so richtig bergauf. Es reiht sich eine Haarnadelkurve an die andere. Der beste Teil dieser Kurven ist ganz am Rand im Scheitelpunkt, denn da ist es kurz mal flach, bevor es wieder steil wird. Die Kantonsstraße die ich fahre ist komplett leer. Insgesamt kommen mir nur auf fast 15 Kilometern nur 10 Autos entgegen. Es ist saumäßig anstrengend und nach den ersten 400 Höhenmetern muss ich eine Pause einlegen. Eben eine Tafel Schokolade, eine Banane, ein Energieriegel und einen Liter Wasser trinken. Weiter, immer weiter bergauf. Besonders schlimm die ersten 500 Meter nach den Pausen, bis man wieder im Rhythmus ist. Aber ich liebe es mich zu quälen, alles aus mir heraus zu holen und diese Schinderei bis rann an das Leistungsmaximum, schmerzhaft, aber ein so geiles Gefühl. Jetzt merke ich die gesamte Last von 44 Kilogramm, wovon 18 das Fahrrad wiegt und die restlichen 26 mein Gepäck, dass zieht wie ein nasser Sack nach hinten. So langsam wird auch mir klar warum der Pass noch geschlossen ist, denn der Schnee rechts und links des Weges wird stetig mehr. Dann bin ich endlich oben und kann es locker nach San Bernandino rollen lassen. Ab hier muss ich jetzt so schwer es mir auch fällt den Bus nehmen, denn durch den Tunnel mit dem Fahrrad fahren ist verboten und der Pass gesperrt. Noch eben ein paar Bilder und dann mit dem Bus durch den Tunnel. Direkt am Nordausgang steige ich wieder aus, um dieses Verkehrsmittel so wenig wie möglich zu nutzen. Jetzt kann ich es nach Splügen rollen lassen. Am Campingplatz der übliche Ablauf, nur diesmal mit mehr Pausen, denn ich bin richtig im Eimer. Dann einkaufen, noch eben Abendessen und dann falle ich totmüde ins Bett. 


San Bernadino (4)


41. Tag: Splügen - Mels 85km

Das der Campingplatz auf 1500 Metern über Meereshöhe liegt merke ich spätestens heute morgen. Im Zelt sind es -3° Celsius, so fällt der Transfer vom Schlafsack in die Klamotten besonders schwer. Ich muss auch erst einmal 29 Liegestützen machen, um warm zu werden. Nach einem reichhaltigen Frühstück geht es raus aus Splügen, gleich auf einen Weg der all mein technisches Können fordert, denn es liegt noch Schnee. Ist mit so einem schweren Fahrrad nur schwierig zu fahren, aber nach gut drei Kilometern dann auch vorbei. Jetzt geht es wieder auf der kaum befahrenen Kantonsstraße abwärts, denn die Autobahn ist gleich nebenan. Nicht die ganze Zeit abwärts aber fast, im ersten kleinen Anstieg merke ich ein leichtes Ziehen in den Oberschenkeln von gestern, sonst nichts. Ich verbuche das für mich als Erfolg nach so einem Tag keinen Muskelkater zu haben. Ab jetzt geht es durch einen Teil der Schweiz den ich durch die vielen Sommerurlaube ganz hier in der Nähe bereits sehr gut kenne. Vor bei an Zillis, mit der romanischen Kirche aus dem 12. Jahrhundert sehr sehenswert, durch die Viamala hindurch, runter nach Thusis. Der Hinterrhein der am San Bernandino entspringt ist fortan mein stetiger Begleiter. Hinter Thusis komme ich wieder auf den Fernradweg und auf einmal sind da Reiseradler, wie ich. Mit einigen unterhalte ich mich an Wegkreuzungen kurz. Dann geht es für mich an Reichenau, dem Zusammenfluss von Vorder- und Hinterrhein, vorbei in Richtung Chur. Ich hole Johannes, einen Berner Reiseradler ein und wir fahren gemeinsam bis Landquart. Gespräche über unsere Touren, abwechselnd Windschatten fahren, denn hier windet es ordentlich und gemeinsam nach dem Weg suchen, wenn einen Umleitungen irgendwo lang schicken. Am Bahnhof in Landquart noch ein Cafe und dann geht es für Ihn nach einer Woche durch die Schweiz radeln auf den Zug und für mich weiter nach Mels. Früh muss ich dort heute nicht sein, erst gegen sieben treffe ich mich mit meinem Wharmshowers-Host Ueli. Noch kurz einkaufen und dann zu ihm. Für mich eine Dusche und dann kochen wir gemeinsam. Es kommen noch zwei weiter Radfahrer über Wharmshowers, Fleur und Tamara aus Holland, die von Basel nach Florenz fahren. Als die beiden angekommen sind, essen wir zu Abend und unterhalten uns bis spät in die Nacht.

am Rhein (5)


42. Tag: Mels - Zürich 95km

Auch wenn ich erst um ein Uhr im Bett war, meinen Rhythmus scheint das nicht zu interessieren. Ich stehe um sieben auf und schreibe erst einmal Tagebuch, um nicht allzu weit hinter her zu hängen. Danach ein ausgiebiges Frühstück zu viert, dann Räder beladen und los geht es. An dieser Stelle vielen lieben dank an dich Ueli für den super Abend, das leckere Essen und all die hilfreichen Tipps. Die ersten Meter beginnen bereits mit heftigen Gegenwind, der sich bis Zürich nicht legen wird. Am Walensee entlang, wo neben Straße und Bahnlinie, noch gerade eben der Fahrradweg Platzt findet, geht es weiter. Landschaftlich auch hier wunderschön, steile Wände die in den See abfallen, über deren Kanten sich Wasserfälle ergießen. Allgemein muss ich sagen, dass die Schweiz mich bisher landschaftlich umgehauen hat. Hinter dem Walensee erwartet mich dann ein heftiger Regensturm, der mich teilweise mit Böen aus voller Fahrt abbremst. Dazu Regen, Hagel und herumfliegende Äste und was sonst noch so lose herumliegt. Dieses Wetter hält gut eine Stunde an und da ich in der Ferne blauen Himmel erkenne, fahre ich einfach weiter, obwohl einfach an dem Streckenabschnitt trotz keiner Steigung nichts ist. Der Sturm hört vorerst auf und ich komme zum Zürichsee, verlasse diesen aber in Rapperswil wieder und fahre ins Hinterland, um nicht durch die Züricher Innenstadt zu müssen, um zu meinem kleinen Bruder Markus zu kommen, der in Seebach wohnt. Hinter Rapperswil, am Greifensee, gibt der Sturm dann nochmal für 15 Minuten eine zweite Vorstellung. Also wieder schnell in die Regenkleidung, als es aufhört wieder raus. Die letzten 30 Kilometer hole ich dann nochmal alles aus mir heraus, denn es ist bereits fünf Uhr und ich will endlich ankommen. Da stört es mich auch nicht mehr, das auch eine dritte Runde Sturm, beim Reinfahren nach Zürich scheinbar sein muss. Bei Markus in Seebach angekommen, Fahrrad abladen, duschen, eine Maschine Wäsche anschmeißen, Abendessen und dann ins Bett.


Walensee (6)


Ich bin noch heute in Zürich und morgen wird es dann in Richtung Lörrach und damit nach Deutschland gehen. Dann habe ich auch bereits die Schweiz hinter mir gelassen. Ich wünsche euch allen eine schöne Woche!

euer Johannes






Crossing the Alpes to Zurich

I'm leaving Milan today and cycle to Como, which is a pretty nice trip through a parc (2) and up the hills in front of the Alpes. After arriving in Como, I visit the city, make pictures at the lake, talk to tourists interested in what I'm doing and go for lunch. Afterwards I cycle back up to the camping, which was kind of special, because it was the first time without all my luggage and so I'm way faster then I thought I might be.
The second day is also the last day in Italy. Today I'm leaving Italy and cross the border to Switzerland. After battling my way through the traffic in the morning. I have to do some climbing to reach Chiasso and the Swiss border. After crossing I cycle to Lugano, all in the rain, that started right after I left Como. My trip takes me around the Lake of Lugano (3) into the city, where I have lunch and then continue to Bellinzona. The last mountain before Bellinzona is pretty steep and my cycling path is on the interstate, not the best feeling. Down to Bellinzona it's foggy and you can't see much.
The third day is the day of crossing the propably highest point on the tour, but first some beautyfull cycling through a long valley (1) leading up to San Bernadino. As the steep section begins, I try to take a break every 400 meters of climbing, but it is still painfull and tough. After 1680 meters of constant climbing I finally reach San Bernandino (4), where I have to take bus, because the pass is closed due to snow. After the tunnel I get off the bus and cycle down to Spluegen. I'm done for today, so the only things I'm doing now is placing the tent, buying some groceries and then eat dinner.
I thought I might have some pain in my legs from yesterday, but I haven't and so I start the day with some kilometers on snow. A experience I didn't need, but I managed not to fall that often. Today it is most of the time just rolling of the mountains down to Chur, where I meet Johannes, a cyclist from Bern. Togehther we cycle to Landquart, to have a coffe and then I continue my journey to Mels along the river Rhein (5). In Mels I'm today staying with Ueli, a guy from Wharmshowers and Fleur and Tamara, two dutch cyclist also from Wahrmshowers. We have dinner together and a really lovely evening. 
Today I want to go to Zurich. After breakfast and everyone packing his stuff and mounting it back on their bikes, we leave in opposite directions. Thanks again to Ueli, for the great hosting, the lovely dinner and breakfast. The day is fast described, because all of the 95 kilometers I have headwind, it rains sometime pretty harsh and it is stormy aswell. Not the best weather after four days of constant cycling (6) but I manage to reach Zurich. In Zurich my little brother Markus is studying chemestry and I'm visiting him for 3 days.

Today is my last day in Zurich and tomorrow I'll cycle to Germany. I wish you all a nice week!

best
Johannes

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