Hügel rauf und runter in die Toskana

von Tivoli nach Siena
Ausblick auf Siena


19. Tag: Tivoli - Lago di Bracciano 77km

In einem normalen Bett aufzuwachen ist zwar ungewohnt, aber dennoch habe ich unfassbar gut geschlafen. Zum Frühstück gibt Müsli und selbstgebackenes Brot, dazu Milch, Honig und Marmelade. Danach heißt für mich wieder Packen und dann langsam aber sicher wieder Losfahren. Vielen Dank auch hier nochmal an dich Gian, für das Essen, die Tipps, die netten Gespräche und das super komfortablen Bett (Thanks to you Gian for the lovely stay at your place, all your information and the conversations about our trips). Jetzt aber raus aus Tivoli und ab in Richtung Rom. Bis zum Petersplatz will ich nicht, aber ich muss irgendwo den Tiber überqueren und die Möglichkeiten sind begrenzt. So fahre ich in die Außenbezirke von Rom hinein, was aber vollkommen ausreicht. Es ist höllisch viel los, die Straße hat teilweise bis zu acht Spuren, kann mal machen, brauche ich aber nicht jeden Tag. Aber man muss sagen und sollte Verkehr noch so dicht sein und ich mich selbst tierisch konzentrieren müssen, die Italiener achten ungemein auf Fahrradfahrer und geben einem gerne die Vorfahrt. Auf Nebenstraßen kündigen sie sich häufig mit Hupen an und haltem dann mindestens einen oder zwei Meter Abstand, besonders LKWs. Sollte der Überholvorgang zu gefährlich für den Radfahrer sein, bremsen fast alle ab und warten auf die passende Situation, Überholverbote werden dafür auch konsequent ignoriert. Endlich hat der Verkehr auch für mich wieder ein Ende und ich fahre wieder nach Norden aus Rom heraus über den Tiber. Nach einer Pause und kurzer Erholung geht es weiter. Auf der Bundesstraße kommt nun der Moment den ich eher im Verkehr von Rom erwartet hatte, zwei Spuren, gefühlt hält sich keiner an die Geschwindigkeitsbegrenzung, auch der Abstand zu meiner Wenigkeit wird auf ein Minimum begrenzt. Ich fühle mich so unwohl, dass egal wie groß der Umweg auch sein mag, ich die nächste Ausfahrt nehme. Der Umweg ist nicht allzu groß, zehn Kilometer und 200 Höhenmeter mehr. Die Landschaft zeigt sich jetzt, wo der Verkehr geringer wird auch wieder von bester Seite und mir begegnet, leider in einer Abfahrt und so bleibt keine Zeit für ein Gespräch, die erste Reiseradfahrerin auf der gesamten Tour bisher. Kurz vor dem Lago di Bracciano schneidet mich dann noch eine Autofahrerin um mich im gleichen Moment wüst auf italienisch zu beschimpfen. Angekommen am Campingplatz Porticciolo, entscheide ich für morgen schon mal auf einen Ruhetag und wasche all mein Zeug, zum ersten Mal in einer Waschmaschine. Danach alles aufhängen, 1. Abendessen mit belegten Brötchen, 2. Abendessen eine Pizza und ab ins Bett.


Lago di Bracciano 


20. Tag: Ruhetag Lago di Bracciano

Gute Entscheidung einen Ruhetag einzulegen, denn ich wache mit einer ordentlichen Erkältung auf. Einmal frisch machen und dann ab nach Bracciano in die Stadt, dazu erst einmal vom See 200 Meter aufsteigen, kleines Frühstück mit Cafe und einen Einkauf später, bin ich bereits wieder am Campingplatz. So richtig fit fühle ich mich heute nicht. Also setze ich mich in die Sonne und beginne den nächsten Blogeintrag zu schreiben. Nach knapp sechs Stunden ist der Blogeintrag fertig, vier unterschiedliche Magnum-Eis verdrückt, drei Liter Wasser getrunken, 500g Erdbeeren gegessen und viermal umgesetzt, damit man auch jedes mal in der vollen Sonne hockt. Zum Abendessen gibt es wieder eine Pizza und dann gehe ich früh schlafen.

am See sitzen und die Aussicht genießen 


21. Tag: Ruhetag Lago di Bracciano

Ich weiß nicht wieso, aber ich kann herumsitzen und nichts tun nicht leiden, aber gesund bin ich noch nicht und entscheide mich, auch wenn es mir schwer fällt, gegen die Weiterfahrt. Also ein weiterer Tag in Bracciano. Ich dusche und wasche die Kleidung des Vortages. Heute gesundes Frühstück mit einem Brötchen und einer Tafel Schokolade. Erst plane ich meine Möglichkeiten den Apenin zu überqueren, ob an einem Tag oder doch lieber in zwei, eine Entscheidung treffe ich nicht. Jetzt heißt es wieder 200 Meter aufsteigen, um in die Stadt zu kommen. Als erstes geht es in die Burg, von deren Wehrgängen und Türmen man bei heute bestem Wetter einen tollen Ausblick genießen kann. Im Museum begrüße ich scheinbar so überzeugend auf italienisch, dass die Frau am Empfang, dies als Einladung annimmt, mich auf italienisch zuzutexten, bevor ich aufkläre, dass ich kein Wort verstehe. Nach dem Museum, ein Eis auf dem Rathausplatz und einen Einkauf später, sitze ich auf einer Bank mit guter Aussicht und lasse mir von Loacker eine bestimmte Waffelsorte schmecken, die mir eine wichtige Person sehr ans Herz gelegt hat. Danach wage ich den Abstieg zum Campingplatz und esse am See den zweiten Teil des Einkaufs, zwei Orangen. Nun heißt es alle saubere Wäsche einpacken, denn ich entscheide morgen weiterzufahren. Zum Abendessen eine Pizza und Erdbeeren mit Schlagsahne und dann ab ins Bett.

Aussicht von der Burg


22. Tag: Lago di Bracciano - Lago di Bolsena 76km (1110 Höhenmeter)

Heute ist es endlich wieder soweit, ich kann auf mein heißgeliebtes Rad zurück. Deswegen nicht zu viel Zeit mit Frühstück und Packen verplempern, sondern rauf auf den Esel. Super, es geht gleich auf den ersten Metern hoch wie am Dach und das hört für die nächsten 15 Kilometer auch nicht auf. Der Untergrund, anfangs noch Asphalt, dann Split, zu losem Geröll und dann hin zu ausgewaschenen Holzrückeweg, der dann zum Schieben des geliebten Rades einläd. Als ich endlich wieder auf Asphalt unterwegs bin, läuft es dann fast von alleine und nach 50 Kilometern mache ich Mittagspause/ Frühstückspause in Viterbo. Ich habe keine Lust mir die Stadt anzuschauen und so mache ich nur in einem Cafe halt. Eine Frau spricht mich auf Englisch an und wir unterhalten uns über das was ich mache, wo ich lang fahre und sie meint, dass sie und ihr Mann eine ähnliche Tour in einem Jahr vorhaben. Danach genehmige ich mir mein Essen. Die beiden kommen noch einmal kurz zu mir an den Tisch, mit den Worten "Welcome to Italy" klopft mir der Mann auf die Schulter und seine Frau meint nur kurz und knapp sie hätten gerade mein Frühstück gezahlt. Ich bedanke mich mehrfach und esse daraufhin noch zwei Stücke Kuchen, diesmal selbst bezahlt. Weiter geht es nach Montefiascone, dorthin wieder wunderbar bergauf, was ein Traum, denn auch meine Beine haben irgendwann mal nicht mehr so richtig viel Lust. Dafür ist die Abfahrt zum Lago die Bolsena und die Aussicht von oben auf diesen super. Die Campingplatzwahl fällt diesmal spontan aus und ich komme auf einem unter mit einem sehr bemühten Besitzer, der mir eine Auflademöglichkeit bis vor mein Zelt legt. Ich unterhalte mich mit Frank und seiner Familie aus Nürnberg und werde zum Grillen eingeladen. Erst muss ich duschen, denn mein Körperduft ist keinem zumutbar. Danach gibt es jede Menge Fleisch, Brot und Tomatensalat für mich. Einige Runden Uno, eine kleine Reperatur an der vorderen Scheibenbremse und eine super Unterhaltung, Tipps zum Überqueren des Apenin, später geht es nach einer Pizza ins Bett. Vielen Dank Frank für eure Einladung, ich habe es sehr mit euch genossen.

nicht jeder Weg überzeugt mich


23. Tag: Lago di Bolsena - Sarteano 60km (1030 Höhenmeter)

Wieder im Rhythmus heißt auch um halb sieben aufstehen, frisch machen, packen, frühstücken und dann los. Die ersten Kilometer durch Bolsena und am See entlang sind flach und entspannt, aber die ersten 300 Höhenmeter des Tages warten bereits und so geht es langsam bergauf. Schnell werde ich bergauf nie, zum Einen weil mein Fahrrad mit Gepäck, Wasser und Essen 44 Kilogramm wiegt und zum Zweiten weil ich keine Lust habe mich komplett zu verausgaben, denn am nächsten Tag geh es ja weiter. Heute ist aber tatsächlich der erste Tag auf der Tour an dem ich Muskelkater habe, dass macht dann zusätzlich Spaß im Aufstieg. Die Sonne scheint heute nicht, was gut ist, denn dann wird es nicht allzu warm, perfekt zum Fahrrad fahren. Die Abfahrt ist leider nur von kurzer Dauer, es geht hoch nach San Casciano di Bagni, ein Dorf mit Thermalquellen, das Frank mir empfohlen hat und auf der Tour liegt. Auf dem Weg treffe ich zwei italienische Radreisende, die von Mailand nach Rom fahren und mit mir unbedingt ein Foto wollen. Leider kommt auf den letzten zwei Kilometern im Anstieg auch noch die Sonne raus. Für den Ausblick ist es super, für die Kühlung des Körpers unpraktisch. Im Dorf angekommen mache ich Pause, esse, komplett im Eimer, was und mache mich dann, ohne Thermalquellen, an die hoffentlichen letzten 250 Höhenmeter des Tages. Diese gehen schneller vorbei als ich glauben kann und so bin ich etwas überrascht, als es aufeinmal wieder bergab geht. Jetzt aber so richtig bergab, bei 14% Gefälle schiebt das Gewicht des Fahrrads ordentlich und ich lasse es laufen. Leider heute nur bis an die 58km/h rann, trotzdem geil und genau das was ich nach so einem langen Anstieg brauche. Aber die Toskana wäre nicht die Toskana, wenn nicht kurz vor dem Ziel noch einmal ein paar Höhenmeter anstehen würden, die einem dann auch bei nur 60 Kilometern Tagesetappe, die letzte Kraft kosten. Ziemlich fertig komme ich auf dem Campingplatz in Sarteano an. Zelt aufbauen und duschen, dann ab in die kleine Stadt. Mittlerweile regnet es und aufzuhören scheint es nicht. Ich schaue mir ein bisschen Sarteano an und nehme ein weiteren Snack ein. Der besteht aus drei Kugeln Eis, zwei Cappucinos, einem Nutellahörnchen, ein viertels Apfelkuchen und einer Fanta, gesund ist das auf alle Fälle nicht, aber nunmal das einzige was man in Italien um die Uhrzeit bekommt. Danach im Regen zurück zum Zelt, kurzer Halt am Bankautomat und dann Tagebuch schreiben. Da es weiterhin regnet was runter geht, nehme ich das erst beste Restaurant und nach einem Teller Nudeln und einer Pizza bin ich satt und gehe sogleich ins Bett.

Lago di Bolsena 


24. Tag: Sarteano - Siena 85km (1000 Höhenmeter)

Es hat aufgehört zu regnen, zumindest in der ersten halben Stunde in der ich wach bin. Gegen sieben geht es wieder los. Ich packe und ziehe mir Regenklamotten im Zelt an, schnell raus, Zelt zusammen packen und los. Heute leider ausser einer Tüte Nüsse nichts zum Frühstücken. Es schüttet und alle Leute schauen mich an wie einen Außerirdischen, was macht der Depp auf dem Rad bei dem Wetter. Ich stelle mir bei solchen Wetter immer drei Fragen, wieso machst du das, was soll der Quatsch, wie bin ich in die Situation geraten und alles kann ich beantworten, weil ich es so wollte und weil es Spaß macht. Der Weg den ich fahren soll ist leider komplett überschwemmt und hat sich einen reißenden Bach verwandelt. Aber der Umweg ist nicht allzu groß, fünf Kilometer und 150 Höhenmeter zusätzlich. Durch den Nebel mitten im Wald geht es nach oben, immer weiter nach oben, dann wieder abwärts und im Gegenanstieg wieder hoch. Toskana live und in Farbe, leider heute im Regen. Immer wenn ich mich motivieren muss weiter zu fahren, singe ich entweder laut oder brülle mich selbst an, dann geht es wieder. Nach einer unangenehmen Nachricht heute Morgen, habe ich heute zu allen Überfluss auch noch viel zu viel Zeit um mir Gedanken zu machen, wie sich später herausstellt, vollkommen unnötig. Aber so bin ich nun mal, jede Aktion wird hinterfragt und alle Möglichkeiten der Reaktion des jeweils anderen abgewogen. Jetzt aber Schluss mit dem emotionalen Gesülze und weiter. Nass ist es zwar, aber meine Regenkleidung hat mich bisher nie im Stich gelassen und auch heute nicht. In San Quirico d'Orcia gibt es nach 31 Kilometer und knapp 600 Höhemetern endlich Frühstück, aber es gab vorher einfach nichts zum Anhalten, nur kurz zwei Müsliriegel. Ich unterhalte mich mit den Fahrradfahrern die ebenfalls im Cafe Pause machen. Danach geht es weiter in Richtung Siena. Durch Buonconvento und Ponte d'Arabia geht es tendenziell die ganze Zeit leicht bergab und ich düse mit knapp 26km/h im Durchschnitt in Richtung Siena. Kurz vor Siena meldet sich dann der Regen nochmal, der eigentlich für die letzten 40 Kilometer aufgehört hatte. Kaum bin ich in den Regensachen drin, hört es auch schon wieder auf. So lasse ich nur meine Schuhüberzieher an, um nicht beim Fahren durch große Pfützen die Füße komplett unter Wasser zu setzen. Zum Campingplatz in Siena geht es dann nochmal eine wunderschöne Rampe hoch, aber die hält mich auch nicht mehr auf. Jetzt heißt es Zelt und alle Sachen trocknen. Einräumen, Pause machen, Abendessen und dann schlafen.

auch im Regen geht es weiter 


Ich bin heute noch für einen Ruhetag in Siena, bevor es morgen weitergeht nach Pisa und Florenz. Ich werde auf einem Campingplatz zwischen den beiden Städten stehen und jeweils mit dem Zug in Städte hinein fahren, um zu verhindern, dass ich den Innenstadtverkehr der Städte erleben muss.

Vielen Dank für eure großartige Unterstützung auf alle Arten, Nachrichten, Kommentare und Likes!

liebe Grüße aus der Toskana

Johannes

Kommentare

  1. Hallo Johannes,
    bin begeistert von deinen Erlebnissen und freue mich immer etwas Neues von dir zu hören. Weiterhin alles Gute für Dich und gute Fahrt. Viele Grüße Thomas

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